I know that that‘s a tree
- carinariedl
- 25. Mai 2021
- 2 Min. Lesezeit

Heute darf ich im Art Quarter Budapest übernachten (DANKE noch einmal sehr dafür an dieser Stelle!), wo soeben eine Kunstausstellung zu Ludwig Wittgenstein eröffnet worden ist. Das möchte ich zum Anlass nehmen, die berühmten und von mir so heiß geliebten ersten Zeilen aus dem „Tractatus logico-philosophicus“ zu teilen:
1
Die Welt ist alles, was der Fall ist.
1.1
Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge.
1.11
Die Welt ist durch die Tatsachen bestimmt und dadurch, dass es alle Tatsachen sind.
1.12
Denn, die Gesamtheit der Tatsachen bestimmt, was der Fall ist und auch, was alles nicht der Fall ist.
1.13
Die Tatsachen im logischen Raum sind die Welt.
1.2
Die Welt zerfällt in Tatsachen.
Der Fall ist, dass ich in den letzten zwei Tagen in den Bergen vor Budapest ganz schön ins Schwitzen komme. Der Fall ist, dass ich in den Wäldern noch Schnee finde. Der Fall ist, dass ich im Budapester Vorort-Supermarkt nicht auf die Toilette darf, weil ich fremd bin und nicht ungarisch kann. Der Fall ist, dass Erdoğan die Grenzen öffnet, nachdem die Türkei mit Millionen syrischen Geflüchteten jahrelang allein gelassen worden ist wie zuvor Italien und Griechenland. Der Fall ist, dass man jetzt auf Menschen in Booten schießt.
Der Fall ist, dass mir eine Joggerin nachläuft, um sich zu vergewissern, ob ich eh weiß, wo ich schlafen kann. Der Fall ist, das mich ein kleiner, drahtiger 79-Jähriger in den Ausläufern des ungarischen Pilis-Gebirges in gewandtem Englisch anspricht, mir erzählt, er gehe in manchem Jahr 100 Mal auf einen der Gipfel - Den immergleichen! - und mit einem Lächeln vorsichtig anmerkt, es solle doch ein junger Mann an meiner Seite gehen.
Der Fall ist, dass Wirklichkeit erst dann Wirklichkeit wird, wenn sie sich mit dem eigenen Körper verbindet - ihn „durchwirkt“ sozusagen.
Die Welt zerfällt in Tatsachen.
Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen.
Sie ist alles, was der Fall ist.
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